Crystal Meth – neue Herausforderung für Zahnärzte

Crystal Meth ist eine tückische Modedroge, die nicht selten schon von der ersten Einnahme an süchtig macht. Die Auswirkungen der Chemiecocktails für den menschlichen Körper sind fatal. Wissenschaftler vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München haben die weltweit erste große Vergleichsstudie zur Auswirkung von Crystal Meth auf die Zahngesundheit erstellt. Am Anfang steht die Euphorie. Und schon nach wenigen Monaten der Abgrund. Crystal Meth ist die tückischste Droge, die man zurzeit nehmen kann. Billig, effektvoll – und oft ist man schon von der ersten Einnahme an abhängig. Der körperliche Verfall lässt dann nicht lange auf sich warten. Bekannt ist der Stoff nicht erst seit der US-Kultserie „Breaking Bad“, in der der brave Chemielehrer Walter White zum skrupellosen Crystal-Kocher und Drogenbaron mutiert, ursprünglich um seine teure Krebstherapie zu bezahlen. Weltweit machen seit Jahren schockierende Vorher-Nachher-Fotos von Süchtigen in den USA die Runde. Und seit 2009 beobachten Drogenexperten auch in Deutschland einen rasanten Anstieg von Konsumenten und Delikten, die mit Crystal zusammenhängen. Weltweit erste Grundlagenstudie Für eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Marco Kesting und Dr. Dr. Niklas Rommel der Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) des Klinikums rechts der Isar an der TU München waren die zunehmenden Berichte vor allem aus Bayern und Sachsen Anlass, die Auswirkungen des Crystal-Konsums auf die Zahn- und Mundgesundheit systematisch zu untersuchen. Heraus kam die weltweit erste umfangreiche und vergleichende Grundlagenstudie zu dem Thema. In zwei Suchtfachkliniken in Bayreuth und Hochstadt am Main (Oberfranken) wurden 100 Crystal-Meth-abhängige Probanden ausgewählt, die mindestens ein Jahr lang mindestens ein Gramm Methamphetamin pro Woche konsumiert hatten. Jedem Crystal-Meth-Probanden wurde ein Kontrollproband nach den Matched-Pair-Kriterien Alter und Geschlecht zugeordnet. In beiden Gruppen wurde eine ausführliche Anamnese erhoben und klinische Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis ist eindeutig: Zwar entdeckten die Münchner Wissenschaftler nur in Einzelfällen ein typisches Meth-mouth-Syndrom mit massivem Zahnausfall, Kariesbefall und multiplen Entzündungen, wie es in den USA anhand von Fallbeispielen beschrieben wird. Doch zeigte die Crystal-Meth-Gruppe eine statistisch signifikant höhere Karies-, Gingivitis- und Parodontitisprävalenz. Sie hatte zudem eine schlechtere Mundhygiene, eine signifikant höhere Zahl an Schlifffacetten sowie eine signifikant reduzierte Speichelfließrate und Speichelpufferkapazität. Zudem waren bei der Crystal- Meth-Gruppe im Durchschnitt ein niedrigerer sozioökonomischer Status, mangelnde zahnärztliche Kontrollen, sowie ein hoher Begleitkonsum von Nikotin und weiteren illegalen Suchtmitteln zu beobachten. © Nolight - Fotolia × Hohes Schädigungspotenzial der Droge Die Studie belegt somit ein hohes Schädigungspotenzial von chronischem Crystal-Meth-Konsum auf das stomatognathe System. „Mit unserer Studie konnten wir auf jeden Fall bestätigen, dass Crystal Meth vielfältige Auswirkungen auf die Zahn-, Mund- und Kieferregion hat, und darauf können wir nun ein Therapie- und Propyhlaxe-Konzept aufbauen“, sagt der Studienkoordinator Rommel, Assistenzarzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Klinikum rechts der Isar in München. Aktuell werden von seiner Forschungsgruppe Leitlinien zur zahnärztlichen Behandlung von Crystal-Meth-Patienten erstellt, die im Laufe des Jahres veröffentlicht werden sollen. Als Ursachen für die schlimmen Auswirkungen der Droge auf die Zahn-, Mund- und Kieferregion macht Rommel eine ganze Reihe von Faktoren verantwortlich. „Die zentral sympathomimetische (den Sympathikus imitierend, Anm. d. Red.) Wirkung der Substanz mit resultierendem Bruxismus und Xerostomie spielt vermutlich die entscheidende Rolle“, sagt er. Jedoch gebe es weitere relevante Begleitfaktoren wie nachteilige soziale Umstände mit finanziellen Einschränkungen, hoher toxischer Begleitkonsum und eine inadäquate zahnärztliche Versorgung. Die Forschungsgruppe der TU München will weiter zu dem Thema forschen. Laborchemische Untersuchungen sowie ein Langzeit-Studienkonzept sind im Gespräch. „Hierbei könnten weitere Erkenntnisse bezüglich des Schädigungspotenzials und des Pathomechanismus der Droge gewonnen werden“, sagt Rommel. Das Thema bleibe in jedem Fall aktuell.

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