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25.04.2024 | AAN-Jahrestagung 2024 | Nachrichten

Neue Daten zu Lecanemab

Frühe Alzheimertherapie lohnt sich

verfasst von: Thomas Müller

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Ist die Tau-Last noch gering, scheint der Vorteil von Lecanemab besonders groß zu sein. Und beginnen Erkrankte verzögert mit der Behandlung, erreichen sie nicht mehr die kognitive Leistung wie bei einem früheren Start. Darauf deuten neue Analysen der Phase-3-Studie Clarity AD.

Eine neue Auswertung der Phase-3-Zulassungsstudie Clarity AD bestätigt, dass eine geringe Tau-Last bei Krankheitsbeginn entscheidend für den Therapieerfolg ist: So blieb die kognitive Leistung bei niedriger Tau-Last unter Lecanemab weitgehend stabil, wohingegen sie unter Placebo deutlich zunahm. In der offenen Verlängerungsstudie ergab sich zudem eine Parallelverschiebung der Kognitionskurven zwischen den Personen, die von Beginn an mit dem Antikörper behandelt worden waren, und solchen, die das Medikament erst nach der Placebophase erhielten: Jene mit verzögertem Therapiebeginn konnten nicht an das kognitive Leistungsniveau der früher behandelten anknüpfen. Dies spricht erneut für einen möglichst frühen Beginn einer Therapie mit Amyloid-Antikörpern.

Zur Erinnerung: In Clarity-AD bekamen knapp 1800 Personen mit bestätigter Alzheimerpathologie und ersten kognitiven Einschränkungen (MCI) oder einer leichten Alzheimerdemenz für 18 Monate entweder Lecanemab oder Placebo. Beim primären Endpunkt, der „Clinical Dementia Rating – Sum of Boxes“ (CDR-SB), ergab sich zum Studienende eine statistisch signifikante Placebo-Verum-Differenz von 0,45 Punkten, bezogen auf diesen Wert wurde die Demenzprogression mit Lecanemab um 27% gebremst. Etwas besser schnitt der Amyloid-Antikörper Donanemab in der Phase-3-Studie TRAILBLAZER-ALZ-2 ab: Hier ergab sich bei der CDR-SB eine Bremswirkung von 36%, allerdings bezogen auf Erkrankte mit niedriger oder moderater Tau-Last.

Größere Effekte bei geringer Tau-Last

Auf der Jahrestagung der American Academy of Neurology (AAN) in Denver stellte Dr. Michael Irizarry vom Unternehmen Eisai eine Subgruppenanalyse von Clarity AD mit 342 Personen vor, bei denen die Tau-Last per PET zu Beginn und im Studienverlauf bestimmt worden war. Zum einen ließ sich die Ausbreitung der Tau-Aggregate in diversen Hirnregionen im Vergleich zu Placebo klar eindämmen, zum anderen unterschied sich das klinische Ergebnis deutlich zwischen Menschen mit niedriger Tau-Last und solchen mit moderater oder hoher Tau-Aggregation. Personen mit wenig Tau zu Beginn konnten ihre kognitiven Fähigkeiten gemäß CDR-SB unter Lecanemab leicht verbessern, dagegen verschlechterten sie sich etwas unter Placebo. Dies führte zu einer Placebo-Verum-Differenz von 0,59 Punkten bei der CDR-SB, in der Gesamtgruppe mit Tau-PET ergab sich ein Delta von 0,53 Punkten.

Ein solcher Trend zeigte sich auch beim ADAS-Cog-Test und bei einem Test zu Alltagsfähigkeiten (ADAS-MCI-ADL): Die Werte blieben bei geringer Tau-Last unter Lecanemab weitgehend konstant oder gingen nur leicht zurück, unter Placebo hingegen deutlich. So ergab sich beim ADAS-Cog14 mit niedriger Tau-Last ein Delta von 1,74 Punkten, in der Gesamtgruppe von 1,01 Punkten. Beim ADAS-MCI-ADL betrug die Differenz 3,26 Punkte in der Gruppe mit geringer Tau-Last sowie 1,92 Punkte in der Gesamtgruppe. Relativ betrachtet wurde der kognitive Abbau bezogen auf den ADAS-Cog unter Lecanemab bei geringer Tau-Last um 52% reduziert, in der Gesamtgruppe nur um 16%. Mit Blick auf den ADAS-MCI-ADL bremste der Antikörper die Progression bei geringer Tau-Last um 88%, in der Gesamtgruppe um 39%.

Nutzen auch bei verzögertem Therapiebeginn

Irizarry wollte die absoluten Differenzen jedoch nicht überbewerten. Entscheidend sei, dass auch bei vergleichbarem Placebo-Verum-Delta die Unterschiede in den Gruppen mit niedriger Tau-Last eher spürbar seien, da die Progression hier insgesamt langsamer verlaufe: Ein ähnliches Delta führe hier zu größeren relativen Unterschieden und deute auf einen stärkeren Therapieeffekt.

Wie wichtig ein möglichst früher Therapiestart ist, zeigt auch eine erste Analyse der offenen Extensionsstudie zu Clarity AD: Erkrankte aus der Placebogruppe konnten nach 18 Monaten ebenfalls Lecanemab erhalten. Im Laufe von sechs Monaten nahm die kognitive Leistung sowohl in der Gruppe mit frühem als auch verzögertem Therapiestart ähnlich stark ab – die Kurven verliefen also parallel, in der mit verzögertem Start jedoch auf deutlich höherem Niveau.

Auch wenn die Erkrankten mit verzögertem Start nicht mehr das Niveau der anderen erreichten, schienen sie dennoch von der Behandlung zu profitieren: So verglichen die Studienautoren den Verlauf von ähnlichen Personen aus der Beobachtungsstudie ADNI (Alzheimer’s Disease Neuroimaging Initiative). Diese bauten innerhalb von 18 Monaten vergleichbar rasch kognitiv ab wie diejenigen in der Placebogruppe. Mit Beginn der Extensionsstudie liefen die Kurven jedoch auseinander – der kognitive Abbau in der ADNI-Kohorte verlief in den folgenden sechs Monaten deutlich schneller als unter den ehemaligen Placebopatienten, die nun Lecanemab bekamen. Diese Daten deuteten klar auf einen krankheitsmodifizierenden Effekt des Antikörpers, so Irizarry.

Quelle: 76th Annual Meeting of the American Academy of Neurology, Denver, April 13-18, 2024. Emerging Science Session 1. Irizarry M. Lecanemab for the Treatment of Early Alzheimer’s Disease: The Extension of Efficacy Results from Clarity AD.

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