Der Nobelpreis für Medizin und Physiologie wurde im letzten Jahr an die Molekularbiologen David Julius (UCSF, San Francisco, CA, USA) und Ardem Patapoutian (Scripps Research, La Jolla, CA, USA) verliehen. Die beiden Wissenschaftler wurden damit für ihre wegweisende Forschung auf dem Gebiet der menschlichen Sinneswahrnehmung geehrt. Den Nobelpreisträgern ist es gelungen, die molekularen Mechanismen von Hitzeempfinden und Berührung und die dafür verantwortlichen Rezeptoren zu identifizieren.
Bereits 1997 entdeckte D. Julius mithilfe des Schärfestoffs Capsaicin aus der Chilischote den Hitze- und Capsaicin-Rezeptor TRPV1 auf sensorischen Nervenfasern [1]. A. Patapoutian beschrieb erstmals die Rezeptoren Piezo1 und Piezo2 [2], welche für die Vermittlung mechanischer Reize in der Haut und inneren Organsystemen wie z. B. in der Lunge, im Pankreas und in der Harnblase von Bedeutung sind. Beide Wissenschaftler konnten außerdem unabhängig voneinander den Menthol-sensitiven Kältesensor TRPM8 identifizieren und diese Entdeckung 2002 mit nur 1 Tag Abstand hochrangig in Nature und Cell publizieren [3, 4].
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Die Entdeckung des Hitzerezeptors TRPV1, der Temperaturen im Bereich über 42 °C detektiert, war beispielhaft für die Entdeckung zahlreicher weiterer Mitglieder der sog. Transient Receptor Potenzial(TRP)-Familie [5]. Der TRPV1 ist weitreichend im menschlichen Körper einschließlich der Haut exprimiert [5‐7]. Hier findet er sich v. a. auf Keratinozyten und Epithelien der Adnexe, Melanozyten und sensorischen Neuronen [6]. Auf Keratinozyten nimmt der Thermorezeptor an der Vermittlung der Temperatur teil, wirkt aber darüber hinaus an der Barrierehomöostase und epidermalen Differenzierung mit [5]. Bei einigen Dermatosen mit epidermaler Hyperplasie ist er verstärkt auf Keratinozyten exprimiert [7]. Die Hauptfunktion kutaner TRPV1 besteht jedoch in der Vermittlung von Nozizeption und Pruritus durch sensorische Neuronen insbesondere durch Ad- und C‑Fasern (Abb. 1). Hitzevermittelter Schmerz, Pruritus, Hyperalgesie, Hyperknesis und neurogene Entzündung können durch Aktivierung des TRPV1 z. B. durch topische Applikation von Capsaicin bei Tieren und Menschen provoziert werden [5]. Dabei nimmt TRPV1 zusammen mit dem Kälterezeptor TRPA1 eine zentrale „Übersetzer“-Rolle bei der Nervenfaseraktivierung ein: Pruritogene, wie z. B. Histamin, Neuropeptide, Proteinasen sowie Interleukine aktivieren korrespondierende Rezeptoren auf den sensorischen Neuronen, die erst über die Ko-Aktivierung von TRPV1 und TRPA1 ein Aktionspotenzial auslösen und somit das sensorische Signal generieren [8].
Interessant ist auch die Rolle des kutanen Mechanosensors Piezo2 bei Pruritus. Es ist bekannt, dass mechanische Reize, wie z. B. das Kratzen der Haut, Pruritus auslösen können (Alloknesis). Dieses Phänomen lässt sich bei Patienten mit atopischer Dermatitis beobachten. Interessanterweise trägt ein Verlust bzw. eine Reduktion der Piezo2-tragenden und von Ab-Fasern innervierten Merkel-Zellen der Haut dazu bei, dass Alloknesis entsteht [9]. Dies soll insbesondere bei trockener und gealterter Haut eine Rolle spielen.
Die Forschungsarbeiten von David Julius und Ardem Patapoutian haben grundlegend zu einem besseren Verständnis der komplexen Kommunikation zwischen unserer Umwelt und unserem Körper beigetragen. Dank ihrer Entdeckungen konnten bereits neue Behandlungsansätze zur Therapie von u. a. chronischem Pruritus und chronischen Schmerzen entwickelt werden.
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Interessenkonflikt
S. Ständer und E. Gaffal geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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