Kommentar
Die vorliegende Langzeitanalyse liefert wichtige Argumente zur Diskussion um den Stellenwert der TBI in der Behandlung pädiatrischer ALL-Patienten:
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Für Langzeitüberlebende der ALL nach TBI tragen SMN zur Mortalität bei und nehmen nach 5 Jahren kontinuierlich zu. Sie übersteigen jedoch nicht die rezidivbedingte Mortalität (auch nach 10 Jahren: ca. 2 × so hoch).
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Die Gesamtrate der SMN nach 5 Jahren liegt mit 2 % innerhalb des zu erwartenden Bereichs (5,3–5,8 %; Übersicht in [
3]).
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Bei einem medianen Follow-up von 5,3 Jahren sollten die berichteten 10-Jahres-Raten der SMN vorsichtig interpretiert werden.
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Das Spektrum der SMN ist weit gefächert und meist adäquat behandelbar. Erkrankungen mit infauster Prognose wie das Glioblastom (4 Fälle) sind sehr selten.
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Die Kontrollgruppe ohne TBI ergab sich aus Patienten mit Kontraindikationen gegen die geplante TBI und Kindern bis 2 Jahren und ist daher kleiner (558 vs. 110) und weist signifikante Imbalancen auf (kürzeres Follow-up, Geschlecht, Alter, Donortyp, Stammzellquelle). Trotzdem überrascht die Rate von 0 % SMN im Chemotherapiearm, da therapiebedingte hämatologische SMN auch hier zu erwarten wären.
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Relevante Informationen wie die antileukämische Therapie vor Konditionierung sowie die Rate von Prädispositionssyndromen wurden nicht erhoben.
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Auch wurden zusätzliche chemotherapie- und bestrahlungsassoziierte Nebenwirkungen wie kardiopulmonale Toxizitäten nicht dezidiert thematisiert; diese sind jedoch relevant für Langzeitmorbidität und -mortalität [
3,
4].
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In der FORUM-Studie konnte eine Konditionierung mit 12 Gy TBI und Etoposid bei ALL-Patienten gegenüber einer reinen Chemotherapiestrategie ein verbessertes Gesamtüberleben (91 % vs. 75 % nach 2 Jahren) bei gleichzeitig niedrigerer Rezidivrate und therapiebedingter Mortalität erzielen ([
5]; Kommentar in [
6]).
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Durch Weiterentwicklung der TBI hin zu modernen Bestrahlungsansätzen wie Total-marrow- bzw. Total-lymphoid-Bestrahlung, in denen anstelle des Ganzkörpers selektiv Knochenmark bzw. Lymphknoten adressiert werden, ist eine Reduktion von Toxizitäten zu erwarten [
7]. Unklar ist hierbei, wie sich die Verwendung intensitätsmodulierter Bestrahlungstechniken mit entsprechendem Niedrigdosisbereich auf die Rate an SMN auswirkt.
Christian Knaack, Michael Oertel, Hans Theodor Eich, Münster
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