Gelb leuchtender Darm nach SARS-CoV-2-Infektion

Ein leuchtend gelb verfärbter, über weite Strecken nekrotischer Dünndarm trotz durchgängiger Mesenterialgefäße: Hat das SARS-CoV-2-Virus diese Verwüstung im Bauchraum eines infizierten 47-Jährigen angerichtet? Zwei Wochen nach seiner notfallmäßigen Einweisung in eine Bostoner Klinik war ein 47-jähriger COVID-19-Patient eigentlich schon wieder auf dem Weg der Besserung. Dann jedoch stiegen seine Leukozytenwerte und er entwickelte zunehmend Blähungen und Schmerzen im rechten Unterbauch. Ausgedehnte Darmnekrose, die vom Treitz-Band bis zum Colon transversum reicht The Society for Surgery of the Alimentary Tract (mit freundl. Genehmigung) | Gartland, R.M., Velmahos, G.C. Bowel Necrosis in the Setting of COVID-19. J Gastrointest Surg (2020) × Nach exploratorischer Eröffnung des Bauchraums tat sich ein erschreckendes Bild auf: Der gesamte Darmabschnitt zwischen Treitz-Band und Colon transversum war auf der dem Mesenterium gegenüberliegenden Seite nekrotisch, aber nicht, wie zu erwarten, schwarz oder dunkelviolett verfärbt, sondern leuchtend gelb. Der Übergang zu den nichtischämischen Bereichen war deutlich abgegrenzt, es fanden sich keinerlei Übergangszonen. Auf Höhe des terminalen Ileums war der Darm perforiert. Das Team um Rajshri Gartland vom Massachusetts General Hospital beschreibt die gelben nekrotischen Darmabschnitte als „extrem dünn und bröckelig“. Vorgestellt mit Atemnot und Husten In der Fachzeitschrift Journal of Gastrointestinal Surgery schildern die Chirurgen den genauen Hergang: Der Mann, ein Typ-2-Diabetiker, hatte sich wegen seit einigen Tagen bestehender Kurzatmigkeit, Husten und Fieber in der Notaufnahme der Klinik vorgestellt. Die dort festgestellte Hypoxämie und Ateminsuffizienz machten eine umgehende Intubation und Beatmung erforderlich. Ein Test auf SARS-CoV-2 war positiv. Nachdem die Ärzte eine Methicillin-sensitive Staphylococcus-aureus-Pneumonie nachgewiesen hatten, erhielt der Patient Antibiotika. Daraufhin besserte sich sein Zustand in Bezug auf die Atemwege deutlich. Hinweise auf Dünndarmischämie im CT Allerdings entwickelte er nun, nachdem er bereits zwei Wochen auf der Intensivstation verbracht hatte, starke Blähungen und reagierte auf die Palpation des rechten Unterbauchs mit heftigen Schmerzen. Zudem war die Leukozytenzahl bedenklich gestiegen, und der Patient wurde zunehmend hypoton. Daraufhin angefertigte CT-Scans zeigten eine ausgeprägte Dünndarmischämie mit deutlichen Hinweisen auf eine Perforation; dies, obwohl die Mesenterialgefäße offenbar durchgängig waren. Die Radiologen stießen außerdem auf eine frische Embolie im rechten basalen posterioren Segment der Lunge. Die Notfall-Op. wurde umgehend eingeleitet, aber sie konnte das Leben des Mannes nicht mehr retten. Er verstarb postoperativ noch auf der Intensivstation. Ursache: Mikrothromben? Das Team um Gartland interpretiert die Befunde so: Angesichts der intakten Mesenterialgefäße und der antimesenterialen Lokalisation der Nekrosen seien Letztere wahrscheinlich auf Mikrothromben und eine damit assoziierte Entzündungsreaktion zurückzuführen. Ein solches Muster habe man bereits mehrfach bei intubierten COVID-19-Patienten mit nachweislich erhöhter Gerinnungsneigung gesehen. Die Chirurgen vermuten, dass es sich hierbei um eine Folge der SARS-CoV-2-Infektion handeln könnte. Diesen Mechanismus einer möglicherweise direkten Gewebsschädigung im Darmtrakt mit Ischämiefolge müsse man nun verstärkt erforschen.

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