Benignes Prostatasyndrom: Ist minimalinvasiv eine Alternative?

Zur Therapie des benignen Prostatasyndroms stehen mittlerweile mehrere minimalinvasive Therapieoptionen zur Verfügung. Der Stellenwert dieser Therapien als Alternative zur medikamentösen Dauertherapie ist jedoch weiterhin kontrovers. Das benigne Prostatasyndrom (BPS) stellt in der urologischen Praxis eine der häufigsten Diagnosen dar. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Therapie des BPS zukünftig noch mehr an Bedeutung gewinnen. Zur Therapie des BPS stehen in Abhängigkeit der Ausprägung der Beschwerden sowie klinischer Parameter grundsätzlich konservative, medikamentöse oder interventionelle Optionen zur Verfügung. Die medikamentöse Therapie des BPS stellt weiterhin eine der tragenden Säulen der Behandlung dar. Allerdings zeigen Studien bei einem Teil der Patienten ein nur geringes Therapieansprechen. Des Weiteren ist die Compliance der medikamentösen BPS-Dauertherapie geringer als bisher angenommen. Medikamentöse Dauertherapie wird zunehmend kritisch gesehen Patienten, welche eine medikamentöse Therapie infolge eines geringen Ansprechens von Nebenwirkungen abbrechen, sind andererseits oftmals zurückhaltend bezüglich operativer Standardtherapien wie einer TURP. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von der Ablehnung eines Eingriffs in Narkose bis hin zur Sorge vor Komplikationen oder einer Beeinträchtigung der Sexualfunktion. Das Ziel minimalinvasiver Therapieoptionen ist primär eine zu operativen Standardtherapien vergleichbare Verbesserung der Symptome bei überlegenem Sicherheitsprofil. Hierzu zählen der Erhalt der sexuellen Funktion inklusive einer unbeeinträchtigten antegraden Ejakulation, die Durchführbarkeit des Verfahrens in Lokalanästhesie oder Sedation sowie eine möglichst kurze Rekonvaleszenz mit rascher Rückkehr zu ungestörter körperlicher Aktivität. Da viele Patienten eine medikamentöse Dauertherapie zunehmend kritisch sehen, stellt sich die Frage, ob der frühzeitige Einsatz minimalinvasiver Therapien nicht die ideale Alternative zur medikamentösen BPS-Dauertherapie wäre. Klinische Daten von drei Techniken Von der Vielzahl der zur Verfügung stehenden minimalinvasiven Therapien liegen aktuell vor allem zu drei Techniken klinische Daten vor: Das „prostatic urethral lift“-System (PUL, Urolift), Rezum Wasserdampfablation sowie iTIND, „temporary implantable nitinol device“. Während es sich bei Urolift und iTIND um Verfahren handelt, bei denen auf einem mechanischen Weg eine Desobstruktion erzielt werden soll, wird bei Rezum mittels intraprostatischer Applikation von Wasserdampf eine Gewebeablation erzielt. Im Kontext der Diskussion, diese Verfahren als Alternative zur medikamentösen Dauertherapie des BPS zu etablieren, ist es wichtig, dass bisher keines dieser Verfahren in einer prospektiven randomisierten Studie mit einer medikamentösen Dauertherapie verglichen wurde. Daher können nur indirekte Vergleiche zur medikamentösen Dauertherapie gezogen werden. Umfassende Daten zu Urolift Zu Urolift liegen aktuell die umfassenden Daten vor. Die 5-Jahresresultate im Vergleich zu einem Scheineingriff zeigen eine Verbesserung des IPSS von 22,3 auf 14,5 Punkte sowie des Qmax von 7,9 auf 11,4 ml/sec. Auch im Vergleich von Urolift mit TURP zeigt sich nach zwei Jahren eine signifikante Reduktion des IPSS um 9,2 Punkte sowie eine Verbesserung des Qmax um 5,0 ml/sec. Eine de novo aufgetretene retrograde Ejakulation wurde nicht berichtet. Die Reoperationsrate betrug nach zwei Jahren 13,6 %. Zu Rezum liegen mittlerweile 5-Jahres-Daten zum Vergleich mit einem Scheineingriff vor. Im Verlauf von fünf Jahren zeigte der IPSS eine Reduktion von 22,0 auf 11,1 Punkte, der QoL verbesserte sich von 4,4 auf 2,2 und die maximale Harnstrahlstärke von 9,9 auf 14,0 ml/s. Die Reoperationsrate lag innerhalb von fünf Jahren bei 4,4 %, zusätzlich erfolgte bei 11,1 % der Patienten die Initiierung einer medikamentösen Therapie. Die Rate an ejakulatorischer Dysfunktion beträgt nach Rezum in Abhängigkeit der Studie zwischen 0 % und 10,8 %. Zu iTIND existieren bisher 1-Jahres Daten zum Vergleich mit einem Scheineingriff. Nach zwölf Monaten betrug in der iTIND Gruppe die IPSS- Reduktion 9,3 Punkte, die Verbesserung der maximalen Harnstrahlstärke 3,5 ml/s, sowie die Reduktion des QoL 1,9 Punkte. Weder Reoperation noch eine neu aufgetretene erektile oder ejakulatorische Dysfunktion wurden in dieser Studie berichtet. Höhergradige Evidenz fehlt bisher Trotz der bisherigen Daten sowie retrospektiven Studien im Vergleich zu Kohorten aus großen Studien zur medikamentösen Therapie fehlt bisher höhergradige Evidenz, um minimalinvasive Therapien als etablierte Alternativen zur medikamentösen Dauertherapie ansehen zu können. Im Sinne eines individualisierten therapeutischen Vorgehens, welches die Wünsche und Erwartungen der Patienten an die BPS-Therapie in den Mittelpunkt stellt, haben minimalinvasive Therapien jedoch einen zunehmenden Stellenwert. Quelle: Kongressausgabe der Ärzte Zeitung zum 73. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 15.–18.9.2021, Stuttgart Empfehlung der Redaktion Der DGU-Kongress 2021 – alle Highlights Die 73. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie macht mit dem Motto "Eurologie" darauf aufmerksam, wie wichtig die Vernetzung in der medizinischen Versorgung, Ausbildung und Wissenschaft mit den europäischen Nachbarn ist. Highlights zum Kongress finden Sie hier im Dossier.

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