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23.02.2024 | DKK 2024 | Kongressbericht | Nachrichten | In Kooperation mit: Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und Stiftung Deutsche Krebshilfe

Neue Studien, neue Perspektiven

Innovationen beim Ovarialkarzinom – PARP-Inhibitoren und darüber hinaus

verfasst von: Friederike Klein

Die zielgerichtete Therapie mit PARP-Inhibitoren zusätzlich zur chirurgischen und Chemotherapie hat für einen Teil der Patientinnen mit Ovarialkarzinom, bei denen die homologe DNA-Reparatur gestört ist, die Prognose deutlich verbessert. Doch es bleibt ein großer Innovationsbedarf – bei Patientinnen, die dennoch ein Rezidiv entwickeln und noch mehr bei denjenigen ohne beeinträchtigte DNA-Reparatur.

Die Therapie mit PARP-Inhibitoren hat die Prognose beim Ovarialkarzinom für die Frauen verbessert, bei denen die homologe DNA-Reparatur durch Mutationen der Gene BRCA1 oder BRCA2 oder anderer Gene beeinträchtigt ist. Diese Homologe-Reparatur-Defizienz (HRD) betrifft etwa die Hälfte aller Patientinnen, die an einem Ovarialkarzinom erkrankt sind, erklärte Prof. Dr. Jonathan A. Ledermann, Gynäkoonkologe vom Cancer Institute des University College London Cancer, auf dem 36. Krebskongress. Diese Patientinnen mit einer PARP-Inhibitor-Erhaltungstherapie in der Erstlinie nach Operation und Chemotherapie können darauf hoffen, lange keine neue Chemotherapie zu benötigen oder sogar geheilt zu werden. 

Vier von zehn brauchen keine neue Chemotherapie

In einer explorativen Analyse der SOLO-1-Studie benötigten 45% der Patientinnen nach OP, Chemotherapie und Olaparib-Erhaltungstherapie nach sieben Jahren immer noch keine neue Chemotherapie [1]. Dabei war die Olaparib-Therapie schon nach zwei Jahren gestoppt worden, wenn es keinen Hinweis auf die Erkrankung mehr gab. 

In den ersten zwei Jahren waren allerdings auch schon 22% der Patientinnen wieder mit einer Chemotherapie behandelt worden, nach vier Jahren 42%. Danach nimmt die Zahl der Patientinnen, die eine weitere Chemotherapie benötigt, immer weiter ab. Wer es bis dahin geschafft habe, habe kein sehr großes Rezidivrisiko mehr, erklärte Ledermann. 

Problem Resistenz 

Auf der anderen Seite waren etwa ein Drittel der Patientinnen nach sieben Jahren verstorben und Patientinnen, die unter dem PARP-Inhibitor ein Rezidiv erlitten hatten, wiesen eine besonders schlechte Prognose auf, berichtete Ledermann. Wie eine solche Resistenz auf PARP-Inhibitoren entstehen kann, wurde zwar präklinisch vielfach untersucht, ist aber klinisch noch schlecht verstanden. Der einzige gesicherte Marker ist laut Ledermann eine „Reversion Mutation“, die die defiziente homologe Reparatur wiederherstellt. Bei einer solchen Mutation von BRCA1 oder BRCA2 sprechen die Tumore weder auf eine erneute Therapie mit PARP-Inhibitoren, noch auf eine Chemotherapie mit Taxan und Platin an.

Weiterentwicklung der PARP-Inhibitor-Therapie 

Aktuell laufen Studien, die Kombinationen von PARP-Inhibitoren mit anderen Wirkstoffklassen in der Rezidivsituation prüfen. Ledermann kündigte Ergebnisse der Studie ICON-9 für das Jahresende an. In dieser Studie wird die Erhaltungstherapie mit Olaparib beim rezidivierten, platinsensitiven Ovarialkarzinom alleine mit der Kombination mit dem Antiangiogenese-Wirkstoff Cediranib verglichen. 

Die Studie DUO-O konnte bereits zeigen, dass die Erhaltungstherapie mit Olaparib nach Chemotherapie auch zusammen mit der Antiangiogenese mit Bevacizumab und der Immuntherapie mit Durvalumab das progressionsfreie Überleben verlängern kann [2]. Dabei zeigte sich bei intakter homologer Reparatur ein Vorteil.  

Perspektiven bei nicht HR-defizienten Ovarialkarzinomen

Etwa die Hälfte der Patientinnen mit Ovarialkarzinom weisen keine HRD auf. Bei Patientinnen mit klarzelligem Ovarialkarzinom – in westlichen Populationen etwa 20% aller Betroffenen – konnte eine Reihe potenzieller Zielstrukturen für die Therapie identifiziert werden. Relativ häufig finden sich Funktionsverlust-Mutationen von ARID1A, die unter anderem durch Inhibitoren der ATR-Kinase adressiert werden können. In der aktuell laufenden Studie ATARI wird der ATR-Inhibitor Ceralasertib alleine oder in Kombination mit Olaparib untersucht. Erste Ergebnisse zeigen ein Ansprechen bei 14% der Patientinnen – auch ohne Verlust der ARID1A-Funktion, berichtete Ledermann [3]. 

Bei niedriggradig-serösen Karzinomen im fortgeschrittenen Stadium zielen experimentelle Therapien unter anderem auf den RAS-MEK-Signalweg ab. Der MEK-Inhibitor Trametinib konnte das PFS in der Rezidivsituation bei dieser Erkrankung im Vergleich zur Standardtherapie und speziell auch zur Therapie mit Letrozol signifikant verbessern [4]. Aktuell läuft eine Phase-2-Studie, die den Signalweg bei Patientinnen mit rezidiviertem niedriggradig-serösem Ovarialkarzinom mit dem RAF/MEK-Inhibitor Avutometinib mit oder ohne den FAK-Inhibitor Defactinib noch effektiver hemmen soll. 

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basierend auf:  36. Deutscher Krebskongress vom 21.–24. Februar 2024 in Berlin; Keynote Lecture von Jonathan A. Ledermann: „New treatments for common and rare ovarian tumors“ am 23. Februar 2024

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