Zusammenfassung
Folgt man der Internationalen Klassifikation (ICD-10) wird die Mehrzahl der psychiatrischen Störungen (z. B. F1 bis F4) traditionell als „nicht organisch“ klassifiziert, da man ursprünglich davon ausging, dass neuropathologische Substrate vermeintlich nicht existierten. Durch verbesserte struktur- und funktionsbildgebende Verfahren oder postmortem erhobene immunhistochemische und mikrostrukturelle Untersuchungen können Störungen von Teilbereichen des Gehirns, des Metabolismus, der funktionellen und effektiven neuronalen Konnektivität oder feinmorphologische Veränderungen auf synaptischer Ebene und Rezeptor-Ebene sichtbar gemacht und mit genetischen Faktoren in Verbindung gesetzt werden. Zu den häufigen, meist stressassoziierten psychiatrischen Erkrankungen liegen inzwischen vielfältige Befunde vor, auch wenn diese nicht immer in ihrer Bedeutung für die Pathophysiologie der psychopathologischen Symptome und deren Behandlung verstanden sind. Im Lichte dieser Daten erfüllen auch die meisten psychischen Störungen die Kriterien von Enzephalopathien als „messbare Störungen der Hirnphysiologie“. Dies wird an neurobiologischen Befunden zu Stresserfahrung sowie an häufigen psychiatrischen Störungen verdeutlicht.