Mavacamten kann die Situation von Patienten mit einer obstruktiven hypertrophen Kardiomyopathie offenbar auch dauerhaft verbessern, macht eine aktuelle Studie deutlich. Experten diskutieren jetzt über potenzielle Behandlungsstrategien.
Patienten mit einer obstruktiven hypertrophen Kardiomyopathie (oHCM) profitieren offensichtlich auch dauerhaft von einer Behandlung mit dem Myosin-Modulator Mavacamten. In einer weitergeführten Kohorte der EXPLORER-HCM-Studie hat das spezifisch für die HCM entwickelte Medikament über ein Jahr hinweg funktionelle wie symptomatische Aspekte der Erkrankung signifikant verbessern können.
„Diese Ergebnisse sind sehr vergleichbar zu denen der Ausgangsstudie EXPLORER-HCM“, resümierte Studienautor Prof. Florian Rader vom Cedars-Sinai Heart Institut in Los Angeles beim ACC-Kongress, wo er die Ergebnisse präsentierte.
EXPLORER-HCM hat den Grundstein gelegt
EXPLORER-HCM war die bisher größte randomisierte Studie, in der eine HCM-Therapie untersucht worden ist. Eine 30-wöchige Behandlung mit Mavacamten hatte in dieser Studie bei Patientinnen und Patienten mit einer symptomatischen oHCM eine signifikante Reduktion des Gradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT), eine deutliche Verbesserung der Symptomatik und der Lebensqualität bewirkt. Die 2020 bekanntgegebenen Ergebnisse sorgten für große Euphorie, denn bis dato gab es keine spezifische Pharmakotherapie für Patienten mit einer hypertrophen Kardiomyopathie.
Langzeit-Kohorte von EXPLORER-HCM
Nach Beendigung dieser Studie wurde ein Großteil aller Studienpatienten (95%) – inklusive derer aus der Placebogruppe – in die MAVA-LTE-Studie überführt. MAVA-LTE ist eine noch laufende nicht randomisierte Studie, in der die Effektivität und Sicherheit von Mavacamten über fünf Jahre hinweg untersucht wird. Bei insgesamt 231 oHCM-Patienten aus der ursprünglichen EXPLORER HCM-Kohorte wurde nach einer Washout-Phase (in der die Medikation kurzzeitig gestoppt wurde) eine Therapie mit Mavacamten begonnen, zunächst in einer Dosierung von 5 mg/Tag mit der Möglichkeit, die Dosis in Abhängigkeit des im weiteren Verlauf gemessenen LVOT-Gradienten und der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) anzupassen (möglich waren 2,5–15 mg/Tag).
Anhaltende Reduktion des LVOT-Gradienten
Beim ACC-Kongress hat Rader jetzt die ersten Interimsergebnisse dieser Kohorte vorgestellt. 217 Patientinnen und Patienten waren zum Zeitpunkt der Auswertung (Ende August 2021) noch unter Behandlung.
Wie der Kardiologe berichtete, hat Mavacamten bei ihnen „eine schnelle und anhaltende Reduktion“ der LVOT-Gradienten in Ruhe und bei Belastung bewirkt: So war der Gradient in Ruhe nach 48 Wochen im Durchschnitt um 35,6 mmHg geringer als zu Beginn der MAVA-LTE-Studie, nach 84 Wochen waren die Werte weiterhin um 32,8 mmHg reduziert. Der durch Valsalva-Manöver provozierte LVOT-Gradient unter Belastung war um 45,3 mmHg (nach 48 Wochen) bzw. um 46,4 mmHg (nach 84 Wochen) gesunken. Bei über 80% der Patienten sei der LVOT-Gradient bei Belastung sogar unter die Grenze von 30 mmHg gefallen, so Rader, was darauf hindeute, dass über 80% der Patienten mit anfänglicher oHCM in ein nicht-obstruktives Stadium übergegangen seien.
Auch die NT-proBNP-Werte fielen unter der Therapie Raders Ausführungen nach „steil, dramatisch und anhaltend“ ab. Die bereits zu Beginn der Behandlung zu beobachtende Linderung der Symptomatik war ebenfalls von Dauer. So hatten sich 67,5% der Patienten bis zur 48. Woche um mindestens eine NYHA-Klasse verbessert.
Aber: Bei manchen Patienten kommt es zur Absenkung der LVEF
Ein bereits in EXPLORER-HCM sichtbar gewordenes „Manko“ von Mavacamten ist allerdings auch in der MAVA-LTE-Studie zum Vorschein getreten: Bei wenigen Patienten kommt es unter der Behandlung zu einer starken Absenkung der LVEF. In EXPLORER-HCM fiel die LVEF bei sieben Patienten unter 50%. In der aktuellen Kohorte passierte das bei zwölf Patienten (5,2%). In all diesen Fällen haben sich die Pumpfunktion aber ohne Folgen wieder erholt, so Rader. Bei sieben Patienten konnte die Behandlung in der Folge fortgeführt werden, bei fünf musste sie dauerhaft gestoppt werden. Prinzipiell sei Mavacamten gut toleriert worden, fügte der Kardiologe hinzu.
Was heißt das für die Praxis?
Was die Ergebnisse mit Blick auf die künftige Praxis bedeuten könnten, wurde im Anschluss an die Studienpräsentation im ACC-Panel diskutiert. Rader erinnerte zunächst daran, dass die FDA Ende April über die Zulassung des Medikamentes und in diesem Zuge auch über die Sicherheitsaspekte der Therapie entscheiden wird. „Ich mutmaße, dass nach jeder Dosiserhöhung eine Echokardiografie als Sicherheitscheck vonnöten sein wird“, erläuterte er seine Einschätzung dazu. Der Fokus sollte dabei auf der LVEF liegen, führte er fort, eine Point-of-Care-Ultraschalluntersuchung reiche für einen solchen Check vermutlich aus.
Darüber hinaus machte der Kardiologe deutlich, dass eine Auftitrierung zur Maximaldosis (15 mg) nicht unbedingt vonnöten ist. So hatten in der Interimsanalyse von MAVA-LTE die meisten Patienten am Ende Mavacamten in der 5 mg- oder 10 mg-Dosis eingenommen. „Prinzipiell kamen die Patienten für eine Dosistitration infrage, wenn ihr LVOT-Gradient weiter über 30 mmHg gelegen hat und ihre LVEF stabil geblieben ist“, erläuterte Rader das Studiendesign. „Wenn die Patienten bereits asymptomatisch waren, bestand aber keine Notwendigkeit für eine solche Dosiserhöhung“, betonte er. Und so werde es wahrscheinlich auch in der klinischen Praxis gehandhabt werden.