Ein weiterer CDK4/6-Hemmer konnte in einer Phase-3-Studie das progressionsfreie Überleben von Frauen mit HR+/HER2--Brusttumoren erheblich verlängern: Die Add-on-Therapie mit Dalpiciclib in der Erstlinie war einer alleinigen Behandlung mit Aromatasehemmern überlegen.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Mit Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib sind bereits drei Hemmstoffe der Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6) in großen Studien bei Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs geprüft worden, und zwar bei Hormonrezeptor-positiven (HR+) und zugleich HER2-negativen (HER2-) Tumoren. Diese CDK4/6-Hemmer konnten das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu einer alleinigen Behandlung mit Aromatasehemmern in etwa verdoppeln. Solche Therapeutika werden daher auch in der aktuellen S3-Leitlinie für dieses Setting in Kombination mit Aromatasehemmer oder Fulvestrant empfohlen. Eine aktuelle Phase-3-Studie ergab für den neuen CDK4/6-Inhibitor Dalpiciclib eine vergleichbare Wirksamkeit: Auch damit lässt sich das PFS erheblich verlängern.
Dalpiciclib wurde bereits in der Zweitline in der Phase-3-Studie DAWNA-1 nach einem Rezidiv bei Frauen mit fortgeschrittenen HR+/HER2--Tumoren geprüft und konnte das PFS im Vergleich zu Placebo um 8,5 Monate verlängern. Für die nun publizierte Phase-3-Studie DAWNA-2 konzentrierte sich ein Team um Dr. Pin Zhang vom Nationalen Krebszentrum in Peking auf Patientinnen in der Erstlinie. An der Studie nahmen 456 Frauen aus 42 Kliniken in China teil. 80% waren unter 65 Jahre alt, rund 40% befanden sich vor oder in der Menopause, knapp 90% waren Östrogen- und zugleich Progesteronrezeptor-positiv. Rund die Hälfte zeigte drei oder mehr Metastasen, ebenso viele hatten bereits eine adjuvante oder neoadjuvante Chemotherapie erhalten.
Alle Frauen bekamen eine Standardbehandlung entweder mit Letrozol (2,5 mg/d) oder Anastrozol (1 mg/d), zwei Drittel zusätzlich Dalpiciclib (150 mg/d), die übrigen Placebo. Die Aromatasehemmer wurden durchgehend verabreicht, in beiden Gruppen erhielt etwas mehr als die Hälfte Letrozol. Die Behandlung mit dem CDK4/6-Hemmer erfolgte in Drei-Wochen-Zyklen, gefolgt von einer Woche Pause. Primärer Endpunkt war das PFS.
PFS: 31 versus 18 Monate
Die Nachbeobachtungszeit betrug im Median knapp 22 Monate. In dieser Zeit kam es bei 34% unter Dalpiciclib- sowie 54% mit Placebo-Zusatztherapie zu einem Tumorprogress oder zum Tod. Das PFS betrug in der Gruppe mit dem CDK4/6-Hemmer 30,6 Monate, in der Kontrollgruppe nur 18,2 Monate. Unter Berücksichtigung diverser Begleitfaktoren und Tumorcharakteristika war das Risiko für Tumorprogression oder Tod mit Dalpiciclib um 49% geringer als in der Placebogruppe – eine statistisch signifikante Differenz.
Ältere Frauen (ab 65 Jahren) schienen etwas stärker von dem CDK4/6-Hemmer zu profitieren: Bei ihnen war das Risiko für Tod oder Progression um 64% reduziert, die Wirksamkeit hing jedoch nicht vom Menopausestatus ab.
Eine partielle Response erzielten 57% mit Dalpiciclib sowie 48% unter der Standardtherapie, eine komplette Response gelang zwei Frauen mit der neuen Arznei, aber keiner in der Kontrollgruppe. Mit knapp 27 versus 15 Monaten hielt die Response in der Dalpiciclib-Gruppe zudem länger.
Noch nicht reif sind die Angaben zum Gesamtüberleben: Zum Zeitpunkt der aktuellen Auswertung waren 12% in der Gruppe mit dem CDK4/6-Hemmer sowie 13% mit der Standardtherapie verstorben.
Häufig ausgeprägte Neutropenien
Deutliche Differenzen gab es auch bei den Nebenwirkungen: Toxische Effekte von Grad 3 oder 4 erlitten 90% der Frauen mit der Dalpiciclib-Kombination, aber nur 12% mit alleiniger Aromatase-Hemmer-Behandlung. Am häufigsten sahen Zhang und Mitarbeitende in der Gruppe mit dem neuen Wirkstoff ausgeprägte Neutropenien (bei 86%) sowie Leukopenien (67%). Die Neutropenien wurden in der Regel mit G-CSF angegangen, rund ein Drittel musste die Dosis des CDK4/6-Hemmers aufgrund von Nebenwirkungen reduzieren. Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen wurden unter Dalpiciclib jedoch nicht wesentlich häufiger verzeichnet als in der Gruppe mit Placebo (4% versus 2%) Drei Todesfälle in der Dalpiciclib-Gruppe sowie einer unter der Standardtherapie wurden als therapiebezogen beurteilt, bis auf eine Hirnblutung blieb in all diesen Fällen die genaue Ursache unklar.
Unterm Strich sehen Zhang und Mitarbeitende Dalpiciclib auch als wirksame Add-on-Therapie zur Aromatasehemmung bei Frauen mit fortgeschrittenen HR+/HER2--Tumoren in der Erstlinie – unabhängig von Alter und Menopausestatus. Dalpiciclib könne daher Teil eines neuen Therapiestandards für solche Frauen sein.
Das Medikament wird vom Unternehmen Jiangsu Hengrui Medicine aus Lianyungang in China entwickelt. Dort ist es bereits für Frauen mit fortgeschrittenen HR+/HER2--Tumoren in der Zweitlinie zugelassen.
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Welche Vorteile bringt eine Therapie mit Dalpiciclib zusätzlich zur Aromatasehemmung bei Frauen mit fortgeschrittenen HR+/HER2--Tumoren in der Erstlinie? Antwort: Das Risiko für Tumorprogression oder Tod wird in etwa halbiert. Bedeutung: Der CDK4/6-Hemmer könnte Teil eines neuen Therapiestandards für solche Frauen sein. Einschränkung: Noch keine ausreichenden Daten zum Gesamtüberleben. |