Hintergrund
Reinigungsarbeiten im Haushalt gehören zu den Tätigkeiten, die regelmäßig durchgeführt werden. In Deutschland verbringen die Menschen durchschnittlich 2 h und 15 min pro Woche mit der Reinigung ihres Haushalts [
15]. Dies kann sowohl Haushaltsunfälle (ca. 3,15 Mio. jährlich in Deutschland [
12]) als auch Verletzungen (z. B. Brüche, Prellungen durch Stürze) bzw. Überlastungen von Segmenten des Muskel-Skelett-Systems zur Folge haben.
Eine wichtige Reinigungstätigkeit, die dies mit hervorrufen kann, ist das Staubsaugen, welches durch repetitive und asymmetrische Bewegungen charakterisiert wird. Es zeigt auch erschwerte Bewegungsanforderungen, wenn beispielsweise die Decke oder Ecken hinter/unter Möbeln gereinigt werden sollen. Knapp die Hälfte der Befragten saugt mindestens 2‑mal pro Woche [
10,
15]. Die Dauer variiert dabei: Während 43 % weniger als 30 min saugten, gaben 46 % an, zwischen 30 min und einer Stunde staubzusaugen [
10].
Professionelle Reinigungskräfte hingegen nutzen täglich vorwiegend einen Staubsauger mit einer durchschnittlichen täglichen Dauer von 82,5 ± 38,9 min [
28]. Dadurch können Muskel-Skelett-Beschwerden bzw. Schmerzen resultieren, wie internationale Untersuchungen bei professionellen Reinigungskräften (im Vereinigten Königreich) zeigen. Bei ihnen wurde eine 12-Monats-Prävalenz von 74 % und eine 7‑Tages-Prävalenz von 53 % festgestellt [
28]. Berufsassoziierte Muskel-Skelett-Beschwerden (90 % der Befragten) äußerten Reinigungskräfte in Taiwan in der Hand bzw. dem Handgelenk (41,7 %), der Schulter (41,1 %), dem unteren Rücken (37,8 %), dem Ellbogen (33,3 %) und im oberen Rückenbereich (3,3 %) [
7]. In der 12-Monats-Prävalenz hatten 45,5 % der städtischen Reinigungskräfte in Brasilien Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, 15,7 % im Nacken und 14,3 % im oberen Rücken [
23]. Diese Regionen wurden auch in anderen Untersuchungen als Hauptbeschwerdelokalisationen bestätigt [
24,
28]. Muskel-Skelett-Beschwerden können folglich auch eine häufige Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage bei Reinigungskräften sein [
13]. Arbeitsunfähigkeitstage, aber auch die eben angeführte hohe Beschwerdeprävalenz, können u. a. auf häufig gebeugte Körperhaltungen, auf vorwiegend wiederholtes Schieben und Ziehen im Rahmen von zyklisch, repetitiven Bewegungsabläufen sowie statische Muskelarbeit zurückgeführt werden [
3,
5,
9,
11,
24,
27,
28]. Als weitere Risikofaktoren für Schmerzen im unteren Rückenbereich konnten weiterhin Kombinationshaltungen aus Rotation und Flexion − insbesondere in der Rücken- und Nackenregion − identifiziert werden [
23,
28]. Beim Staubsaugen ist eine Summierung von Risikofaktoren denkbar, da diese Tätigkeit ein wiederholtes Schieben und Ziehen unter Einsatz des Rumpfes und der oberen Extremität beinhaltet [
3,
26].
Demzufolge eignen sich die Tätigkeit und die Kinematik des Staubsaugens sehr gut dazu, mit der Methodik des Motion-Capturing analytisch erfasst zu werden. Gleichermaßen können so Auswerteroutinen – wie auch hier vorliegend dargestellt – eingesetzt und erprobt werden.
Ziele
Das Ziel dieses Projekts ist es, die Kinematik beim Staubsaugen zu untersuchen, um die Ursachen für die beschriebenen Beschwerderegionen in bisherigen Umfragen [
3,
5,
9,
11,
13,
24,
27,
28] weiter zu untersuchen. In Deutschland werden regelmäßig und zum Teil täglich Reinigungsarbeiten in jedem Haushalt durchgeführt, wofür durchschnittlich 2,25 h pro Woche aufgebracht werden [
15]. Dabei saugen 49 % der Deutschen ihren Haushalt mehrmals pro Woche [
15]. Auch einer internationalen Umfrage zufolge saugen 49 % der Befragten mindestens 2‑mal pro Woche Staub, wovon 43 % weniger als 30 min und bei 46 % zwischen 30 bis 60 min saugen [
10]. Aufgrund dieser Zahlen ist auch für nichtprofessionelle Reinigungskräfte das Risiko, langfristig an Muskel- und Skeletterkrankungen zu leiden, gegeben [
28]. Da es mehr nichtprofessionelle Reinigungskräfte als professionelle Reinigungskräfte gibt, liegt der Fokus der Proband*innen bei ersteren.
So werden in diesem Artikel einerseits die Studienbeschreibung des Projekts dargestellt sowie andererseits die ersten Ergebnisse des MoCapVac-Projekts [
18,
19] zusammengefasst vorgestellt.
Die ersten publizierten Ergebnisse [
18,
19] beinhalten Daten des gleichen Probandenkollektivs, jedoch mit abweichenden Fragestellungen, Auswertungsvariablen und Analyseverfahren. Hierfür wurde zunächst das Bewegungsprofil beim habituellen Staubsaugen mit verschiedenen Haushaltsstaubsaugern (Hand- und Bodenstaubsauger) auf Polyvinylchlorid(PVC)-Bodenbelag und Teppichboden dargestellt. Dieses wurde anschließend unter besonderer Berücksichtigung der besonders aktiven Gelenke, wie dem Schulter‑, Ellbogen- und Handgelenk [
19] hinsichtlich seiner inter- und intrasubjektiven Variabilität charakterisiert. Im Anschluss daran wurde das grundlegende Bewegungsprofil der Nacken‑, Rumpf- und Hüftgelenke während des Staubsaugens auf einer freien Fläche untersucht. Diese wurden dann hinsichtlich der potenziellen muskuloskeletalen Risikofaktoren in Zusammenhang mit den durchgeführten Saugbewegungen gebracht [
18].
Aufbauend auf diesen ersten Ergebnissen [
18,
19] soll zukünftig in weiteren Analyseschritten eine Klassifizierungsanalyse des Bewegungsprofils des Staubsaugens auf zwei verschiedenen Untergründen (PVC- und Teppichboden) durchgeführt werden, um potenziell, probandenunabhängige Unterschiede zu berechnen. Um Zusammenhänge zwischen den kinematischen Bewegungsprofilen mit den bereits existierenden Prävalenz- bzw. Beschwerderegionen herzustellen, soll eine ergonomische Risikoeinstufung, u. a. mit Hilfe des „rapid upper limb assessments“ (RULA), erste Einblicke ermöglichen. Hier sollen nicht nur die Daten des Staubsaugens auf dem Boden zu Rate gezogen werden, sondern es sollen auch, im Rahmen einer kompletten Reinigungstätigkeit, kinematische Saugdaten vom Reinigen der Decke und der Bodenkante berücksichtigt werden. Ferner soll neben dem habituellen Saugen auch eine vorgegebene Strecke (0,7 m; Beginn Fußspitze) erfasst und deren Unterschiede zum habituellen Saugen äquivalent ausgewertet werden.
Studiendesign und Untersuchungsmethoden
Die genauen Angaben zum Studiendesign, dem Messsystem, dem Messprotokoll und der Datenverarbeitung kann den beiden, bereits publizierten ersten Ergebnissen entnommen werden [
18,
19].
Proband(innen)
In dieser Studie sollen solche erwachsenen Proband*innen im Alter von 18–66 Jahren teilnehmen, die sich als subjektiv gesund beschreiben und nicht hauptberuflich als Reinigungskraft tätig sind. Ausschlusskriterien für das Projekt sind aktuelle Verletzungen (Bandscheibenvorfälle, Wirbelsäulenverletzungen), rheumatische Erkrankungen, stark einschränkende Wirbelsäulendeformationen (Skoliose) oder versteifte Wirbelsäulengelenke (pathologisch oder chirurgisch) sowie genetische Muskelerkrankungen.
Im Rahmen der bereits publizierten Untersuchungen [
18,
19] wurden 31 (21 w/10 m) gesunde Proband*innen mit einem durchschnittlichen Alter von 33,4 ± 10,7 Jahren, einer Größe von 172,8 ± 9,4 cm und einem Gewicht von 66,9 ± 13,9 kg eingeschlossen. Als Ausschlusskriterien gelten die allgemeinen Kriterien wie für das allgemeine Projekt. Alle Proband*innen haben vor der Teilnahme an der Untersuchung eine schriftliche Einverständniserklärung abgegeben.
Für das Motion-Capture-Vacuuming-Projekt (MoCapVac) liegt ein positives Ethikvotum der Ethikkommission des Fachbereichs Medizin der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Ethik-Nummer: 335/18) vor.
Staubsauger, Messsystem und Messprotokoll
In den bisherigen Projektumsetzungen [
18,
19] wurden die kinematischen Daten mit dem inertialen Bewegungserfassungssystem MVN Link von Xsens (Enschede, Niederlande) erfasst, und es wurden acht verschiedene Staubsauger von vier unterschiedlichen Herstellern für den privaten Gebrauch untersucht. Neben der Verwendung unterschiedlicher Staubsauger wurde auf zwei verschiedenen Bodenbelägen gesaugt: auf PVC- und Teppichboden. Genauere Angaben zu den Staubsaugern und dem Messprotokoll der bereits publizierten Untersuchungen können an gegebener Stelle nachgelesen werden [
18,
19].
In den weiteren geplanten Projektumsetzungen soll zukünftig zwischen ein- und beidarmigem Saugen sowie zwischen habituellem Saugen und Saugen mit vorgegebener Distanz von 0,7 m ab Fußspitze des vorne stehenden Fußes auf PVC-Boden differenziert werden. Darüber hinaus sollen kinematische Daten für das habituelle Saugen der Boden- und Deckenkante generiert werden.
Statistische Analyse
Die Datenanalyse und statistische Auswertung der ersten Ergebnisse sind an gegebener Stelle ausführlich erläutert [
18,
19]. Neben einer deskriptiven Datenanalyse wurden u. a. eine Inferenzstatistik mittels „statistical parametric mapping“ (SPM) samt Bonferroni-Holm-Korrektur auf die kontinuierlichen Daten zur Testung auf Unterschiede zwischen den untersuchten Konditionen angewendet.
In zukünftigen Analysen soll die Frage, ob sich die beiden Versuchsbedingungen signifikant unterscheiden, mit einer „support vector machine“ (SVM; [
4]) untersucht werden. Hier wird eine lineare SVM verwendet, um das Ergebnis kinematisch interpretieren zu können. Als Eingangsvariablen werden die zeitnormalisierten (auf 100 Stützstellen) Trajektorien in allen 3 Ebenen der rechten und linken Hüfte, des kumulierten Rückens, der Halswirbelsäule und des Nackens sowie Schulter, Ellenbogen (nur in der transversalen und sagittalen Ebene) und das Handgelenk des rechten Armes verwendet. Damit entsteht ein aufgespannter Vektorraum aus 2300 ([7·3 + 1·2]·100) Variablen. Um ein Overfitting der SVM zu vermeiden, soll eine Leave-one-out-Methode zur Validierung verwendet werden, da sich gezeigt hat, dass bei kinematischen Untersuchungen ein einzelner Versuch einer Person einen starken Einfluss auf das Klassifizierungsergebnis hat [
21,
22,
25]. Für die einzelnen Leave-one-out-Durchgänge und den mittleren Unterscheidungsvektor wird jeweils die Klassifizierungsrate berechnet. Das Ergebnis soll mit einem klassischen Unterscheidungsansatz verglichen werden. Beim klassischen Ansatz wird der Mittelwertsvektor über beide Bodengruppen berechnet. Die Differenz der beiden Vektoren entspricht hier dem Unterschiedsvektor. Auch hier soll die Klassifizierungsrate berechnet werden. Statistisch abgesichert wird das Ergebnis über eine Binominalverteilung, um eine 50 : 50-Wahrscheinlichkeit bei α = 0,05 % zu erreichen. Der Alpha-Fehler ist auf α = 0,05 % festgelegt.
Die Berechnung des ergonomischen Risikos auf Basis von RULA erfolgt in Anlehnung an Maurer-Grubinger et al. [
20].
Diskussion
Erste Auswertungen des MoCapVac-Projekts [
18,
19] konnten aus den kinematischen Daten ein Bewegungsprofil des habituellen Staubsaugens (mit standardisierter Fußposition und Saugrichtung) ableiten. Zu erkennen war eine Balance des Saugwegs (hin und zurück je ca. 50 %) mit relativ homogener Sauggeschwindigkeit über alle Probanden und Bedingungen hinweg [
19].
Die Gelenke der aktiven oberen Extremität (rechte Seite) wiesen gegenüber den unteren Extremitäten und dem Rücken eine hohe Variabilität zwischen und innerhalb der Probanden auf. Dies äußerte sich in einer erhöhten Variabilität der Standardabweichungen in den untersuchten Freiheitsgraden Flexion/Extension, Abduktion/Adduktion und Radial‑/Ulnarabweichung. Folglich war hier ein generalisiertes Bewegungsprofil des Staubsaugens für die obere Extremität weniger aussagekräftig. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass beim Saugen mit der festen Fußposition weniger Variabilität im Rumpf einhergehen könnte als unter realen Bedingungen [
17,
24,
27]. Chang et al. [
7] bestätigen mit ihrer Analyse relativ große Intervalle zwischen dem 5. und 95. Perzentil der Saugbewegung für die obere Extremität, während für den unteren Rücken, Nacken und untere Extremitäten eher eine geringere Variabilität beobachtet wurde.
Beim Vergleich der beiden Bodenbeschaffenheiten im vorliegenden Projekt verdeutlichte die deskriptive Analyse [
19], dass beim Saugen auf PVC-Belag das Schultergelenk bei der Rückwärtsbewegung vermehrt abduzierte (Abb.
2a) und am proximalen Drehpunkt verstärkt außenrotierte (Abb.
2b). Innerhalb der signifikanten Cluster des SPM deutete dies auf eine weniger harmonische (ergonomische) Bewegung hin. Ferner lag eine hohe Bewegungsvariabilität der oberen Extremität (Schulterbeugung/‑streckung und -abduktion/‑adduktion, Handgelenkbeugung/‑streckung und ‑radial/‑ulnarabweichung), Ellenbogenbeugung/‑streckung) über beide Bedingungen und Probanden hinweg vor (Abb.
2a, b, d–g). Insbesondere an den Extrempunkten des Saugzyklus traten größere Schwankungsbreiten der Standardabweichungen auf als bei den Wendepunkten. Allerdings waren Rotations- oder Pro‑/Supinationsbewegungen in der Breite der Standardabweichungen über den Saugzyklus relativ homogen. Die mittlere Standardabweichung betrug 11,7° (Rotation der Schulter; Abb.
2) bzw. 13,7° (Pro‑/Supination des Ellbogens; Abb.
2d).
Bei Haushaltsarbeiten, wie dem Staubsaugen, wird die gesamte obere Extremität beansprucht [
1,
5‐
7,
11,
16], wodurch die hohe Prävalenz von muskuloskeletalen Beschwerden erklärt werden kann [
7,
24,
27,
28]. Daher werden hier häufige Bewegungswiederholungen (unter Berücksichtigung der Dauer) aufgrund kumulativer Belastung und Ermüdung mit muskuloskeletalen Beschwerden und Erkrankungen in Verbindung gebracht [
14]. Auch das Produktdesign gilt als wichtiger Einflussfaktor auf Haltung, Bewegung und körperliche Belastung bei der Produktnutzung [
5,
8,
9].
Der Rumpf wurde hauptsächlich in Flexion gehalten und rotiert (Abb.
1i, h); die Bewegung in der Sagittalebene wurde hauptsächlich vom Hüftgelenk des kontralateralen Beins zur dominanten Hand initiiert (Abb.
1o). Insgesamt erwies sich das Staubsaugen als eine dynamische Tätigkeit. Die Bewegungsmuster der Halswirbelsäule (Abb.
1d–f) sind vergleichbar mit denen professioneller Reinigungskräfte, wobei diese Rumpfflexionswinkel von 20- 60° und -rotationen von bis zu 45° häufig einnehmen [
27,
28]. Insbesondere Probanden, die mit beiden Armen am Griff reinigen, hatten eine Bewegungshaltung, wie sie mit den ISO-Normen für eine schiebende und ziehende Tätigkeit (ISO 11228-2) vergleichbar sind.
Beim Vergleich der Bodenbeschaffenheiten (PVC- und Teppichboden) lagen die Gelenke auf PVC-Boden zwischen 2° bis 3° näher an der neutralen Position als auf Teppichboden, abgesehen von der Rotation der Nackenhöhe mit größeren Unterschieden (Abb.
3b, e). Auch wurde die Vorwärts- und Rückwärtsbewegung des Rumpfes vorwiegend durch die Hüftgelenke initiiert (Abb.
4c, f). Zudem kam es zu einer Dynamik in der rotatorischen Bewegungsdimension ohne statische Haltearbeit des Rumpfes (Abb.
3h). Auch war die Bewegungsdynamik in der Brustwirbelsäule aufgrund der damit verbundenen begrenzten Bewegungsmöglichkeiten geringer als in der Hals- und Lendenwirbelsäule [
2]. Bei Betrachtung der Daten zeigte sich zudem, dass der Unterschied der beiden Bodenbeschaffenheiten mit der SPM im Durchschnitt bei ±5°, wobei der Messfehler von ±1° bedacht werden sollte. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass in diesem Projekt keine beruflich tätigen Reinigungskräfte analysiert werden.
Limitationen und zukünftige Forschungsfragen
Da die Beinstellung vorgegeben gewesen war, war weniger Rumpfvariabilität möglich als unter realen Bedingungen. So war zwar die externe Validität eingeschränkt, dafür konnten große Streuungen der Hüftflexion/-extension (Abb.
1i, o) verhindert werden. Inwiefern kinematische Daten ohne diese Vorgaben von bereits vorliegenden Daten abweichen, gilt es zukünftig zu erforschen. Gleiches lässt sich auf die vorgegebene Handhabung (ein- oder beidarmig) projizieren.
Da rein kinematische Daten aufgezeichnet wurden, können keine Schlussfolgerungen auf Belastungen (z. B. durch die Erfassung von Kräften oder Drücken) gezogen werden. Vielmehr kann aufgrund der kinematischen Daten ein ergonomisches Risiko, z. B. mittels der ergonomischen Risikobeurteilung RULA („rapid upper limb assessment“) berechnet werden. Die ergonomische Einordnung der erhobenen Kinematik könnte die aktuellen Daten des Staubsaugens präzisieren. Mit Hilfe von RULA könnte basierend auf kinematischen Daten das ergonomische Risiko insbesondere für die obere Extremität und den Rumpf eingeschätzt werden [
20]. Ferner sollte in weiteren Studien eingängiger erforscht werden, ob mit zunehmender Anzahl der Stunden, die ein Staubsauger benutzt wird, sich auch das kinematische Saugprofil des Einzelnen signifikant verändert.
Die Resultate der SVM könnten des Weiteren dafür genutzt werden, um betriebliche Modifizierungen der bisherigen Staubsaugmodelle umzusetzen. So könnten selbst kleine Unterschiede die Weiterentwicklung des Saugkopfes für die Umstellungen zwischen glattem Boden und Teppich voranbringen. Auch könnten weitere SVM-Analysen dazu genutzt werden, die Unterschiede der einzelnen Staubsaugermodelle vordergründig zu betrachten. Hier könnten bereits kleine Winkeldifferenzen, Anpassungen an die jeweilige Gegebenheit verbessern.
Neben der physischen Analyse des Staubsaugens ist es zukünftig sinnvoll, subjektive Parameter, wie beispielsweise das Komfortempfinden, mit zu bewerten, um weitreichendere Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Fazit
Aus ersten Ergebnissen des MoCapVac-Projekts [
18,
19] wurde deutlich, dass habituelles Staubsaugen eine dynamische Tätigkeit mit einer großen Variabilität in der oberen Extremität gegenüber dem Rumpf und der Hüfte ist. Die Gelenkwinkel in Rumpf und Nacken wiesen keine Extremwerte auf. Zudem zeigten sich vereinzelte Unterschiede zwischen den untersuchten Konditionen PVC- und Teppichboden.
Anschließende Analysen sollen im Hinblick auf weitere, zu beantwortende Projektfragen bereits bekannte Resultate nutzten, um zu evaluieren, ob die ergonomische Gefährdungsbeurteilung in Bereichen der oberen Extremität größer ausfällt als in Rumpf bzw. Hüfte. Diese Identifikation gefährdeter Bewegungssegmente soll helfen, präventiv der Entwicklung von Muskel-Skelett-Erkrankungen beim Staubsaugen entgegenzuwirken.
In diesem Zusammenhang sollen des Weiteren konstitutionsabhängige sowie situations- und anforderungsbedingte Parameter identifiziert werden, welche die Beanspruchung beim Staubsaugen optimieren können.
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