Grundlagen des Schlafes
NREM- und REM-Parasomnien [1, 12, 13]
NREM-Parasomnien
Arousalstörungen
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Episoden von plötzlichem Erwachen aus dem Schlaf, die üblicherweise von einem lauten Schluchzen oder einem lauten Schrei eingeleitet werden. Das Erwachen wird von einer starken vegetativen Reaktion begleitet, und der Betroffene zeigt ein Verhalten, das auf einen ausgeprägten Angstzustand hindeutet.
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Es tritt mindestens eines der folgenden weiteren Symptome auf:
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Schwierigkeiten, die betroffene Person zu erwecken,
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Verwirrung nach erfolgtem Erwecken,
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komplette oder partielle Amnesie bezüglich der Episode,
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gefährliches oder potenziell gefährliches Verhalten während des Ereignisses.
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Die Störung kann nicht besser durch eine andere Schlafstörung, internistische oder neurologische Erkrankung, psychische Erkrankung oder durch Medikamenteneinnahme oder Drogenmissbrauch erklärt werden.
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Das Fortdauern des Schlafes bzw. der Zustand uneingeschränkter Bewusstseinslage oder Urteilsfähigkeit während des Wandelns bzw. während der Verhaltensweise wird durch mindestens einen der folgenden Faktoren dokumentiert:
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Schwierigkeiten, die betroffene Person zu erwecken,
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Verwirrung nach erfolgtem Erwecken,
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komplette oder partielle Amnesie bezüglich der Episode,
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Durchführung automatisierter Verhaltensweise zu einer unangemessenen Zeit,
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unangemessenes oder unsinniges Verhalten,
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gefährliches oder potenziell gefährliches Verhalten.
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Die Störung kann nicht besser durch eine andere Schlafstörung, internistische oder neurologische Erkrankung, psychische Erkrankung oder durch Medikamenteneinnahme oder Drogenmissbrauch erklärt werden.
REM-Parasomnien
Albträume
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Wiederkehrende Episoden des Erwachens aus dem Schlaf heraus, bei der verstörende Trauminhalte erinnert werden, die üblicherweise mit Furcht und Angst, aber auch mit Wut, Traurigkeit, Abscheu oder anderen unangenehmen Emotionen verknüpft werden.
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Komplettes Erwachen mit nur geringer Verwirrung oder Desorientierung, die Traumerinnerung ist unmittelbar und deutlich.
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Mindestens einer der folgenden assoziierten Faktoren liegen vor:
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verzögertes Wiedereinschlafen nach dem Ereignis,
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Auftreten der Episoden in der 2. Nachthälfte.
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REM-Schlaf-Verhaltensstörungen (RBD)
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verletzendes oder potenziell verletzendes schlafgebundenes Verhalten,
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Träume scheinen ausagiert zu werden,
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die Verhaltensweisen im Schlaf stören die Schlafkontinuität.
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ausgeprägte Erhöhung des Kinn-EMG-Tonus,
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ausgeprägte phasische Kinn- oder Extremitäten-EMG-Aktivität, unabhängig von der tonischen Kinn-EMG-Aktivität und einem oder mehreren der folgenden klinischen Merkmale während des REM-Schlafes:
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ausgeprägte Extremitäten- oder Körperbewegungen,
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komplexe, gefährliche oder aggressive Verhaltensweisen,
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Fehlen von epilepsietypischer Aktivität in Verbindung mit den Ereignissen.
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Differenzialdiagnose nichtläsionelle fokale Epilepsien
Autosomal-dominante nächtliche Frontallappenepilepsie (ADNFLE) | Schlafgebundene epileptische Anfälle bei spezifischen fokalen Epilepsien im Kindesalter | NREM-Parasomnien | REM-Parasomnien | |
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Manifestationsalter | Altersunabhängig | Altersabhängig | Altersabhängig, v. a. Kindesalter | Altersabhängig |
Familienanamnese | < 40 % | Familiäres Auftreten | 69–90 % | Negativ |
Zeitpunkt des Auftretens in der Nacht | Jederzeit, keine bestimmte zeitliche Zuordnung | Vor allem nach dem Einschlafen und beim Aufwachen im NREM-Schlaf | Vor allem erstes Nachtdrittel (NREM-Schlaf) | Letztes Nachtdrittel (REM-Schlaf) |
Semiologie | Stereotyp, gleicher Ablauf, lateralisierende Zeichen | Charakteristische Anfälle für jeweilige Epilepsieform | Variabel | Variabel |
Amnesie | Meistens | Selten | Meistens | Trauminhalt wird meistens erinnert |
Dauer | Sekunden bis 1–2 min | Minuten | 1–30 min | Kurz |
Reorientierung | Rasche bis sofortige Reorientierung | Rasch | Verzögert | Rasche Reorientierung |
Trigger | Schlafentzug | Schlafentzug | Schlafentzug, Lärm, Stress | Anstrengender Tag |
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Cluster nächtlicher motorischer Anfälle
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stereotype Anfallssymptomatik
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Arousal aus dem Schlaf bis zu dramatischen bizarren hyperkinetischen Phänomenen
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Tonische/dystone Bewegungsmuster
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Häufig erhaltenes Bewusstsein
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Auren möglich (Angst, Vertigo, unspezifisch, Gefühl zu fallen …)
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Anfallscluster in allen Schlafstadien
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Meist aus NREM-Schlaf (Stadium 2)
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Dauer 5 s bis 5 min
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Seltene Anfälle tagsüber
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Rasches Einschlafen nach dem Anfall
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Bewusstseinsklarheit im Anfall
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Angst, erneut einzuschlafen
Fazit für die Praxis
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Sowohl die NREM-Parasomnie als auch die schlafgebundenen Anfälle bei nichtläsionellen Epilepsien können zu komplexem Verhalten während des Schlafes führen. Die Differenzierung kann gelegentlich schwierig sein.
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Hilfreiche Fragestellungen zur Klärung nächtlicher Ereignisse:Wann im Verlauf der Nacht tritt das Ereignis auf?Wie häufig pro Nacht? Pro Woche?Wie beginnt es, wie endet es, wie lange dauert es?Ist das Kind, die Person wach/weckbar?Hat das Kind, die Person eine Erinnerung an das Ereignis?Weitere Symptome (Schwitzen, Tachykardie, Tachypnoe, Zittern, Tonuserhöhung)?Zeigen andere Familienmitglieder ein ähnliches Verhalten?
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Nur eine Video-EEG-Analyse der Attacken macht es dem erfahrenen Untersucher möglich, nach semiologischen und EEG-Kriterien eine Differenzierung zwischen schlafgebundenen epileptischen Anfälle und NREM-Parasomnien zu machen.
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Die Video-EEG-Analyse ist als Goldstandard der Differenzialdiagnostik zu betrachten und sollte immer dann durchgeführt werden, wenn eine sichere Unterscheidung von Parasomnien und schlafgebundenen Anfällen auf Grundlage der Anamnese nicht sicher möglich ist. Sie sollte nicht nur aus diagnostischen Gründen, sondern auch wegen der daraus resultierenden vollkommen unterschiedlichen Therapien von epileptischen Anfällen bzw. Parasomnien vorgenommen werden.
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Bei Patienten mit anhaltend unklaren Verhaltensauffälligkeiten während des Schlafes ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Epileptologie und Schlafmedizin unabdingbar.