Erschienen in:
01.01.2023 | Psychotherapie | Editorial
More than talking – nonverbale Prozesse in der Psychotherapie
verfasst von:
Prof. Dr. Antje Gumz, Prof. Dr. Bernhard Strauß
Erschienen in:
Die Psychotherapie
|
Ausgabe 1/2023
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Auszug
In einem Editorial der Zeitschrift, das jüngst Studien zum Thema Sprache und Psychotherapie einleitete (Gumz und Strauß
2022), war die Rede davon, dass Psychotherapie traditional als „talking cure“ (Breuer und Freud
1895/2007) gilt und als Heilverfahren maßgeblich über die Sprache und das Miteinander-Reden wirkt. Es wurde konstatiert, dass es „angesichts dieser Bedeutung von Sprache … erstaunlich [ist], dass es bislang noch recht wenig Wissen zu diesem Aspekt gibt“ (Gumz und Strauß
2022). Wir wissen mittlerweile aber auch, dass nonverbale Signale prägen, wie wir andere Personen wahrnehmen (Guyer et al.
2021; Hall et al.
2019; Pisanski und Bryant
2019). Entsprechend groß ist ihre Bedeutung auch in der Psychotherapie, da im nonverbalen Ausdruck die Interaktion zwischen Körper und psychischen Prozessen, das „Embodiment“, deutlich wird. Stellen wir uns folgende Szene vor: Eine Patientin beugt sich weit nach vorn, spricht rasch, energiegeladen, in mittlerer Tonhöhe. Sie schaut ihrer Therapeutin forsch in die Augen, schmunzelt dabei oder lacht und gestikuliert stark mit ihren Händen. Die Therapeutin hat sich zurückgelehnt, dabei ist ihr Kopf etwas nach vorne gestreckt, ihre Beine sind überschlagen, ihre Hände ruhen im Schoß. Sie spricht mit sehr hoher Stimme und deutlich langsamer als ihre Patientin. Nach einiger Zeit atmet die Patientin tief ein, lehnt sich zurück, überschlägt ihre Beine und reibt sich mit der linken Hand den Nacken. …