Evidenz für Nutzen von MATA bei Pollenallergikern

Eine allergenspezifische Immuntherapie (AIT) eröffnet Pollenallergikern die Chance, die belastenden Symptome deutlich zu reduzieren und den Verlauf der Erkrankung kausal zu beeinflussen. Eine Meta-Analyse der Daten zur AIT mit modifizierten Allergen-Tyrosin-Adsorbaten (MATA) belegt die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser aluminiumfreien Präparate bei Erwachsenen und Kindern. Die langfristige Wirksamkeit einer allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) mit Pollenpräparaten wurde bereits in etlichen Meta-Analysen dokumentiert [1, 2]. Eine Meta-Analyse für die AIT mit MCT®-adsorbierten Allergoiden stellte Prof. Dr. Ralph Mösges vor, ehemaliger Leiter Medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie am Universitätsklinikum Köln. Die World Allergy Organization (WAO) hat in einem Statementpapier die Evaluation jedes AIT-Produkts anhand der verfügbaren Studiendaten gefordert [3]. Die European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) empfiehlt in ihrem Positionspapier zur AIT bei allergischer Rhinokonjunktivitis, bevorzugt standardisierte Präparate mit nachgewiesener Wirksamkeit einzusetzen [4]. In den meisten AIT-Präparaten kommt Aluminiumhydroxid als Depotträger zum Einsatz. Eine gut untersuchte physiologische Alternative – ohne Aluminium – ist mikrokristallines L-Tyrosin (MCT®). Dieser Depotträger kann vom Körper selbst abgebaut werden [5]. Er begünstigt die Th1-Immunantwort [6, 7] und geht im Vergleich zu Aluminium mit weniger IgE-Produktion einher. In der Meta-Analyse sind alle verfügbaren Studiendaten zur AIT mit MCT®-adsorbierten Allergoiden, zusammengefasst unter dem Begriff MATA, bei Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis mit und ohne Asthma bronchiale ausgewertet worden. 75 Volltext-Publikationen von Studien wurden berücksichtigt, darunter elf Publikationen zu doppelblind placebokontrollierten Studien [8]. MATA im Placebovergleich signifikant überlegen MATA reduzierte im Vergleich zu Placebo die allergischen Symptome der Patienten signifikant. Die standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) beim Total-Symptom- Score (TSC) zwischen beiden Gruppen betrug –1,2 (p=0,01) und sei ein „deutlicher Effekt”, sagte Mösges. Der Bedarf an symptomatischen antiallergischen Medikamenten (Total-Medication-Score) wurde um SMD –2,2 (p=0,003), der kombinierte Symptom-Medikationsscore um SMD –0,8 (p=0,0003) reduziert (Abb. 1). Eine subjektiv empfundene Verbesserung des allergischen Zustands gaben in den MATAGruppen mehr als dreimal so viele Patienten im Vergleich zur Placebo-Gruppe an (OR 3,05; p<0,00001). Abb. 1: Der Total-Symptom-Score war in der Gruppe der mit MATA behandelten Patienten mit einerstandardisierten Mittelwertdiﬀerenz von –1,2 signiﬁkant (p=0,01) gegenüber der Placebogruppeverbessert (modiﬁziert nach [8]) Springer Medizin Verlag GmbH × Für die Sicherheitsanalyse konnten 43 Publikationen mit insgesamt 4.531 Patienten herangezogen werden, aus denen 27 Studien, in die größtenteils auch Kinder eingeschlossen waren, analysiert werden konnten. Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen traten auf. In 38% traten vorrangig lokale Nebenwirkungen auf. Dabei zeigte sich die Subkohorte der Kinder (32%) und der Asthmatiker (22%) vergleichbar in der Sicherheitsanalyse. Insgesamt entsprach die Verträglichkeit der MATA-Therapien dem in der Literatur berichteten, zu erwartenden Nebenwirkungsprofil einer subkutanen AIT. Fazit: Dieser systematische Review liefert eine umfassende Evidenz der Wirksamkeit und Verträglichkeit von MATA bei der Behandlung der allergischen Rhinokonjunktivitis mit und ohne Asthma bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Digitale Helfer zur Lösung des Adhärenz-Problems Hauptproblem der AIT in der Praxis ist die oft mangelhafte Adhärenz der Patienten. Die empfohlene mindestens dreijährige Therapiedauer wird bei einer subkutanen Immuntherapie (SCIT) laut Studien nur von rund der Hälfte der Patienten abgeschlossen, bei einer sublingualen Immuntherapie (SLIT) sogar nur von etwa jedem fünften, berichtete PD Dr. Sven Becker, HNO-Arzt aus Tübingen. Als Gründe für fehlende Therapieadhärenz würden von Behandelten genannt: Nebenwirkungen und ungenügende Wirksamkeit, vor allem aber nicht ausreichende Informationen und starke zeitliche Beanspruchung. Ein aktueller Lösungsansatz sind Apps für Patienten. Diese sollten jedoch über reine Recall-Systeme hinausgehen und auch die Kommunikation mit der Praxis unterstützen, so Becker. Das neue Digitale- Versorgung-Gesetz (DVG) bietet die Möglichkeit der App auf Rezept. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind Medizinprodukte und durchlaufen einen Zulassungsprozess. Dafür müssen positive Versorgungseffekte nachgewiesen werden und es werden hohe Anforderungen an den Datenschutz gestellt. Bencard Allergie entwickelt derzeit eine solche App speziell für Patienten mit AIT. Die Zulassung wird im 2. Halbjahr 2021 angestrebt. Insektengiftallergien eher selten Insektengiftallergien, in der Regel gegen Bienen- und/oder Wespengift, sind vergleichsweise selten. Bei 4–5% der Gestochenen kommt es zu überschießenden Lokalreaktionen, bei 2–3% zu systemischen Reaktionen wie Pruritus, Urtikaria, Atemnot, Kreislaufproblemen bis hin zum anaphylaktischen Schock. Eine Diagnostik sei nur bei systemischen Reaktionen indiziert, betonte Prof. Dr. Thilo Jakob, Gießen. Ein Intrakutantest habe eine deutlich höhere Sensitivität als ein Pricktest (Wespengift >90% versus <50%), berichtete der Dermatologe. Die besten Ergebnisse würden durch serologische Untersuchungen in spezialisierten Zentren erzielt. Bei fast 50% wird in der IgE-Diagnostik eine Doppelsensibilisierung gegen Bienen- und Wespengift nachgewiesen. AIT bietet bis zu mehr als 90% Protektion Durch eine AIT wird bei 85–90% der Bienen- und 95–98% der Wespengiftallergiker Protektion erreicht. Der Erfolg hängt vermutlich auch vom molekularen Sensibilisierungsprofil der Patienten und dem Gehalt an Markerallergenen (Wespe: Ves v5 + v1; Biene: Api m1, 2, 3, 5, 10) der verwendeten Präparate ab. Besonders relevant scheinen bei Bienengiftallergikern die Markerallergene Api m3 und Api m10 zu sein, die in etlichen kommerziell erhältlichen Präparaten unterrepräsentiert seien, sagte Jakob. In einer retrospektiven Multicenterstudie mit 115 Patienten mit nachgewiesener Bienen- oder Wespengiftallergie wurden bei Therapieversagern gehäuft Sensibilisierungen gegen Api m10 nachgewiesen [9]. Bei dominanter Sensibilisierung gegen Api m10 war das Risiko für ein Versagen der AIT um mehr als das 8-fache erhöht. Diese Daten legen nahe, bei solchen Patienten bevorzugt Präparate einzusetzen, bei denen das instabile Api m10 im Endprodukt nachgewiesen werden konnte [10]. Interview mit Dr. Petra Zieglmayer, HNO-Ärztin aus Wien Allergiemanagement während der COVID-19-Pandemie unverändert Dr. Petra Zieglmayer, HNO-Ärztin aus Wien Zieglmayer × ? Zu den Themen des diesjährigen Bencard- Allergie-Symposiums gehörten auch die besonderen Herausforderungen in Zeiten von COVID- 19. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Zieglmayer: Das Allergiemanagement wird grundsätzlich nicht verändert, solange keine akute COVID-19-Erkrankung vorliegt. Unter laufender Therapie sind die Patienten auch in Corona-Zeiten großteils regelmäßig für eine subkutane Immuntherapie in die Praxis gekommen. Wir laden die Patienten weiterhin auch ganz normal zu einer geplanten Immuntherapie ein. Manche Patienten möchten dies aber derzeit lieber verschieben und weiter auf der symptomatischen Therapie bleiben. ? Wie verlief das Jahr für Pollenallergiker? Zieglmayer: Das Jahr verlief für Pollenallergiker sehr unterschiedlich. Viele Patienten waren, zum Beispiel wegen Home Office, weniger exponiert und hatten weniger Beschwerden. Wer viel draußen war, hatte in einer starken Saison mit vermehrtem Auftreten von Gräserpollen mehr Beschwerden. ? Welche praktischen Tipps geben Sie allergologischen Praxen in der Pandemie-Zeit? Zieglmayer: Generell sollten keine offenen Spritzensprechstunden angeboten werden, sondern Behandlungen nur mit Termin. Die notwendigen Testungen werden unter Einhaltung der Hygieneregeln durchgeführt. Ganz wichtig ist es auch, ein besonderes Augenmerk auf die Recalls zu legen. ? Haben Sie Tipps, wie sich die häufig schlechte Adhärenz bei einer dreijährigen Immuntherapie verbessern lässt? Zieglmayer: Bei uns sind Recall-Systeme bereits seit Jahren etabliert. Sie sind bei der subkutanen Immuntherapie (SCIT) genauso wichtig wie bei der sublingualen. Bei der SCIT werden die Patienten regelmäßig vor dem Spritzentermin an den Arztbesuch erinnert; Patienten mit einer sublingualen Immuntherapie sollten mindestens einmal im Vierteljahr in die Praxis kommen. Das funktioniert gut über die Rezeptausstellung. Literatur Calderon MA et al., Cochrane Database Syst Rev 2007, Issue 1, Art No. CD001936 Dhami S et al., Allergy 2017, 72:1597–1631 Bachert C et al., World Allergy Organ J 2015, 8:29 Roberts G et al., Allergy 2018, 73:765–798 Hewings SJ et al., EAACI-WAO 2013, Mailand, Poster Klimek L et al., Expert Rev Clin Immunol 2017, 13:599–610 Leuthard DS et al., J Immunol 2018, 200:3151–3159 Becker S et al., 15. Deutscher Allergiekongress, Wiesbaden, 24.–26.9. 2020, Poster 1726 Frick M et al., JACI 2016, 138:1663–1671 Blank S et al., Hum Vaccines & Immunother 2017, 13:2482–2489 Impressum „Allergenspezifische Immuntherapie: Evidenz für Nutzen von MATA bei Pollenallergikern” 14. Bencard Allergie-Symposium 18.-20. September 2020, Hamburg Berichterstattung: Roland Fath, Hamburg Medizin Report aktuell Nr. 479345 in: Allergo Journal 7/2020 Mit freundlicher Unterstützung der Bencard Allergie GmbH, München Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Petra Stawinski Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF: Allergenspezifische Immuntherapie - Evidenz für Nutzen von MATA bei Pollenallergikern

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