Lernziele
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verstehen Sie die Grundlagen der Pathogenese und die Ätiologie der Hyponatriämie,
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kennen Sie die therapeutische Bedeutung der Differenzierung in akute und chronische Hyponatriämie gemäß der europäischen Leitlinie,
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sind Sie mit der diagnostischen und differenzialdiagnostischen Herangehensweise bei akuter Hyponatriämie vertraut,
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wissen Sie, wie man im Notfall eine akute Hyponatriämie erkennt und behandelt,
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haben Sie Kenntnis über die weiterführende Therapie nach Linderung der akuten Symptomatik,
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kennen Sie die klinisch relevanten Fallstricke bei der Interpretation der Laborergebnisse und der nachfolgenden Therapie,
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wissen Sie, welche Maßnahmen bei einer Überkorrektur zu ergreifen sind.
Häufigkeit
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Serum-Natrium: 122 mmol/l
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Serum-Osmolalität: 257 mosmol/kg
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Harn-Osmolalität: 346 mosmol/kg
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Harn-Natrium: 54 mmol/l
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Serum-Ethanol: 0,13 g/l
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Amphetamine im Harn: > 3000
Definition
Schweregrad | Symptom |
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Mittelschwer | Übelkeit ohne Erbrechen |
Leichte bis mittelschwere Bewusstseinsstörung | |
Kopfschmerzen | |
Schwer | Erbrechen |
Kardiorespiratorische Dekompensation | |
Abnormale und tiefe Schläfrigkeit | |
Tonisch-klonische Krampfanfälle | |
Koma (Glasgow Coma Scale ≤ 8) |
Diagnostik
Physiologie und Pathophysiologie
Physiologische Aspekte
Osmoregulation
Kreislaufregulation
Pathophysiologische Gesichtspunkte
Zellschwellung und Gegenregulation
Klinische Symptomatik
Ätiologie der Hyponatriämie im akutmedizinischen Setting
Häufige Ursachen
Essenzielle Kriterien | Unterstützende Kriterien |
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Wirksame Serum-Osmolalität < 275 mosmol/kg | Serum-Harnsäure < 0,24 mmol/l (< 4 mg/dl) |
Klinische Euvolämie | Serum-Harnstoff < 3,6 mmol/l (< 21,6 mg/dl) |
Urin-Osmolalität > 100 mosmol/kg bei etwas verringerter wirksamer Osmolalität | Korrektur der Hyponatriämie durch Flüssigkeitsrestriktion |
Urin-Natriumkonzentration > 30 mmol/l bei normaler Salz- und Wasseraufnahme | Erfolglose Korrektur der Hyponatriämie nach Infusion mit 0,9%iger Kochsalzlösung |
Keine Nebennieren‑, Schilddrüsen‑, Hypophysen- oder Niereninsuffizienz | Fraktionelle Harnsäureexkretion > 12 % |
Keine kürzliche Diuretikaeinnahme | Fraktionelle Natriumexkretion > 0,5 % |
– | Fraktionelle Harnstoffexkretion > 55 % |
Tea-and-Toast-Syndrom |
Primäre Polydipsie |
Beer Potomania |
Koloskopievorbereitung |
Belastungsassoziierte Hyponatriämie |
TURP(transurethrale Prostataresektion)-Syndrom |
Seltenere Ätiologien
Krankheitsbild | Diagnostik | |
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Hyponatriämie + | ||
Harn-Osmolalität | Zusätzliches Diagnosekriterium | |
SIADH (Syndrom der inadäquaten Antidiurese) | > 100 | Harn-Natrium ≥ 30 |
Intravasale Hypovolämie | > 100 | Harn-Natrium < 30 (nicht unter Diuretikawirkung!) |
Übermäßige Flüssigkeitszufuhr | < 100 | Harn-Natrium variabel |
Zerebrales Salzverlustsyndrom | > 300 | Harn-Natrium ≥ 30 (24 h Natriumausscheidung erhöht) |
Belastungsassoziierte Hyponatriämie | variabel | Extreme körperliche Belastung |
Handlungsalgorithmus bei Hyponatriämie
Schritt 1: Hypoosmolalität verifizieren
Schritt 2: Einschätzung der Klinik und Therapieinitiierung
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0,6 bei Kindern und bei Männern < 70 Jahren
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0,5 bei Frauen < 70 Jahren und bei Männern ≥ 70 Jahren,
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0,45 bei Frauen ≥ 70 Jahren
Schritt 3: Weiterführende Diagnostik und Therapie
Zentral wirksam | Peripher wirksam |
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Antidepressiva | ADH-Analoga |
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) | Desmopressin |
Trizyklische Antidepressiva | Oxytozin |
Monoaminoxidasehemmer (MAOI) | Terlipressin |
Venlafaxin | Vasopressin |
Antiepileptika | Thiaziddiuretika |
Carbamazepin | Hydrochlorothiazid |
Oxcarbazepin | Amiodaron |
Valproinsäure | Protonenpumpenhemmer (PPI) |
Lamotrigin | Monoklonale Antikörper |
Antipsychotika | Clofibrat |
Phenothiazine | Levamisol |
Butyrophenon | Interferon |
Drogen | Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) |
Opiate | |
MDMA (3,4-Methylendioxymethylamphetamin, Ecstasy) | |
Nikotin | |
Chemotherapeutika | |
Vincaalkaloide | |
Platine | |
Ifosfamid | |
Melphalan | |
Cyclophosphamid | |
Methothrexat | |
Pentostatin |
Behandlung zugrunde liegender Krankheitsbilder
Schritt 4: engmaschiges Monitoring des Natriumverlaufs und Vermeidung von Komplikationen
Alkoholerkrankung |
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Lebererkrankung |
Hypokaliämie |
Mangelernährung |
Profunde Hyponatriämie |
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0,6 bei Kindern und bei Männern < 70 Jahren
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0,5 bei Frauen < 70 Jahren und bei Männern ≥ 70 Jahren,
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0,45 bei Frauen ≥ 70 Jahren
Fazit für die Praxis
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Natrium ist als Hauptdeterminante entscheidend für die Osmolalität im Extrazellulärraum verantwortlich.
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Die hypoosmotische Hyponatriämie ist ein häufiges Krankheitsbild, welches im Akutfall einer raschen Therapieinitiierung bedarf.
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Für die akute, hypotone Hyponatriämie gilt die Infusion mit 2 ml/kgKG einer 3%igen NaCl-Lösung über 20 min als Therapie der Wahl.
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Dies kann unter Einhaltung bestimmter Grenzen bis zur Besserung der Symptomatik mehrfach wiederholt werden.
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Die engmaschige Überwachung des Serum-Natriums unter Beobachtung von klinischen Veränderungen zur Vermeidung von Überkorrektur ist dabei essenziell.
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Die Pathophysiologie ist vielschichtig und bedarf einer strukturierten Diagnostik zur Ursachenermittlung.
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Um der Gefahr des Demyelinisierungssyndroms vorzugbeugen, ist die Einhaltung von Korrekturgrenzen angeraten.